Ein historisches Buch nahe an den Fakten zu schreiben und gleichzeitig den Leser zu fesseln, ist eine Gratwanderung, die nicht jedem Buchautor gelingt. Julia Heinecke ist sie mit ihrem Buch "Schneebruch", erschienen 2021 im Gmeiner Verlag, geglückt.
Wer auf das Buch in der Buchhandlung aufmerksam wird, der darf sich vom Untertitel "Der Fall des Königenhofs" nicht täuschen lassen. "Schneesturz" reiht sich nicht in die unendliche Reihe der Schwarzwald-Krimis ein, in denen kauzige Schwarzwald-Komissare unter verschrobenen Landbewohnern einen Mörder suchen. Das Buch handelt vielmehr von dem größten bekannten Lawinenunglück in Deutschland. 1844 wurde im Wagnerstal bei Furtwangen ein großer Bauernhof, der Königenhof, von einer Lawine verschüttet. Dabei fanden 17 der 24 Bewohner den Tod. Ursache der Katastrophe war vermutlich auch, dass im Wald oberhalb des Hofs zu viel Holz geschlagen wurde. Das Unglück wird minutiös geschildert und als Leser und Leserin ist es schwierig, sich der Dramatik der Ereignisse zu entziehen.
Aber das Buch setzt bereits früher ein: Julia Heinecke schildert in bedrückender Dichte das Leben auf dem Königenhof in den Wochen und Monaten vor der Katstrophe. Ihre Schilderungen sind natürlich fiktional, da über die damaligen Hofbewohner von den nackten Daten des Unglücks abgesehen kaum etwas bekannt ist. Dennoch gelingt es ihr, dass die Personen greifbar werden. Die Leserinnen und Leser bekommen eine Ahnung davon, wie hart das Leben in der Mitte des 19.Jahrhunderts auf einem solchen Schwarzwaldhof war. Die handelnden Personen werden so gezeichnet, dass wir auch heute noch verstehen können, wie sie dachten und fühlten. Kurzum: Ein lesenswertes Stück Schwarzwald-Geschichte.