Der eingeheiratete Bauer hatte jedoch oft Misstrauen, dass er im Alter mit leeren Händen dasteht. Es war deswegen keine Seltenheit, dass sogenannte Leibgedingverträge geschlossen wurden. Diese Verträge regelten die Ansprüche des eingeheirateten Bauern im Alter oder nach dem Tod der Bäuerin. Zum Teil wurde dort sehr detailliert bestimmt, wo der Altbauer leben darf und welche Naturalleistungen ihm zustehen. In einem in Hinterzarten abgeschlossenen Vertrag aus dem Jahre 1761 wurden beispielsweise als jährliche Altersversorgung 25 Sester Gerste, 1 ½ Sester Hafermehl, 8 Pfund Speck, 4 Pfund Butter und 1 Pfund „Schmär“ (Schweineschmalz) vereinbart. Wer sich auf diesem Weg abgesichert hatte, der durfte sich beruhigt zurücklehnen.
Ganz anders ging es Paaren ohne ausreichende finanzielle Ausstattung. Für große Teile der Bevölkerung war es gar nicht möglich zu heiraten. Eine Hochzeit erforderte die Genehmigung der Eheschließung durch die Landesherrschaft. In den Herrschaften des Kloster St. Blasien wurde im 17. und 18. Jahrhundert eine Eheschließung nur gebilligt, wenn ein eigenes Haus vorhanden war und das Vermögen des Brautpaars 200 Gulden überstieg. Zu groß war die Angst, dass eine Großfamilie später nicht ausreichend ernährt werden konnte und der lokalen Gemeinde zur Last fiel. Einem Paar ohne ausreichendem Vermögen wurde die Eheschließung nur genehmigt, wenn es sich verpflichtete nach der Hochzeit auszuwandern. Vielfach wurde in solchen Fällen Ungarn als Auswanderungsziel ausgesucht. Wenn allerdings eine Heirat wegen einer unehelichen Schwangerschaft der Frau erfolgte, dann legten die Herrschaften des Klosters Wert darauf, dass die Eheleute noch vor ihrer Auswanderung ihre Strafe verbüßten: In der Regel wurden die künftigen Eheleute vor der Kirche als mahnendes Beispiel eines sündhaften Lebenswandels ausgestellt.
Quellen:
https://www.schwarzwald-tourismus.info/presse/image/themenmeldungen/kultur-und-feste/aussergewoehnlich-heiraten
Hacker, Werner: Auswanderungen aus dem östlichen Schwarzwald
Hitz, Rüdiger und von Thiessen, Hillard: Familie, Arbeit und Alltag in Hinterzarten 1600 bis 1900