Schwarzwald-Geschichte.de: In der Vorankündigung des Franziskanermuseums heißt es "Die Geschichte des Schwarzwalds muss neu geschrieben werden." Wo liegt die bisherige Geschichtsschreibung denn daneben?
Peter Graßmann: Die Geschichtsschreibung ist bekanntlich das Resultat vieler Stimmen und stets im Wandel begriffen. Es wäre anmaßend, zu behaupten, die bisherige Geschichtsschreibung habe "danebengelegen". Jedoch wird in vielen populären Werken über den Schwarzwald behauptet, dass sich vor den Klostergründungen keine (oder kaum) Kulturaktivitäten feststellen ließen. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist diese Annahme falsch. Zahlreiche archäologische wie sprachhistorische Untersuchungen zeigen, dass die Besiedlung, Erschließung und Durchquerung - also kulturelle Nutzbarmachung - dieser Region über Jahrtausende zurückreicht. Zu nennen sind hier u.a. archäobotanische Untersuchungen an Seen und Hochmooren oder Ergebnisse von Surveys in den Schwarzwaldtälern. Der Wissenschaft sind diese Ergebnisse seit längerem bekannt, sie haben bisher aber wenig Niederschlag im öffentlichen Bewusstsein gefunden. Auf der anderen Seite werden häufig noch immer Mythen und Behauptungen kolportiert, die jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehren: Viele der angeblich prähistorischen Kultstätten im Hochschwarzwald sind rein geologischen Ursprungs oder datieren aus einer späteren Zeit. Mit der Ausstellung wollen wir den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand erstmals bündeln und der Mythenbildung in beiden Richtungen fundierte Erkenntnisse entgegensetzen.
Schwarzwald-Geschichte.de: Ein Schwerpunkt des Franziskanermuseums sind die Spuren, welche die Kelten im Schwarzwald hinterlassen haben. Gibt es hier neue Forschungsergebnisse, die in die Ausstellung einfließen?
Peter Graßmann: Ein Schwerpunkt bei den keltischen Stätten wird auf der Eisenverarbeitung im heutigen Neuenbürg sowie der Siedlung Tarodunum liegen. Zwischen letzterer und der Baar (Hüfingen, Bräunlingen) scheint sich anhand von Einzelfunden die Existenz einer Straße nachweisen zu lassen. Dies ist gerade auch in Hinblick auf den Standort des Magdalenenbergs am Ostrand des Schwarzwalds interessant. Zu viel möchte ich hier aber noch nicht verraten, um der Ausstellung nicht vorweg zu greifen.